Die Transformation bei den Automobilherstellern nimmt so langsam Fahrt auf. Die Erkenntnis, dass die Elektromobilität sich durchsetzen wird, hat sich genauso in den Führungsetagen etabliert, wie die Tatsache, dass eigene Software (-Betriebssysteme) entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit sein wird. Allen voran Herbert Diess und der Volkswagenkonzern zeigen, wie Transformation in einem Konzern mit über 500.000 Mitarbeitern und sehr festgefahrenen Strukturen funktioniert! Und dass es in Zukunft nicht mehr ausreicht, gute Autos zu entwickeln, produzieren und verkaufen! Auch Daimler hat die Zeichen erkannt und stellt Mercedes-Benz Cars neu auf mit Elektro-Antrieb und Software-Fokus. Vom südkoreanischen Hyundai- Kia Konzern ist in den nächsten Jahren Einiges zu erwarten wie von vielen Chinesischen Herstellen. Die Transformation von BMW, von GM und Ford, von Stellantis und den japanischen Herstellern läuft immer noch mit „angezogener Handbremse“, d.h. man versucht sich immer noch „technologieoffen“ zu halten und gibt dem Thema Software-Fahrzeugarchitektur nicht die notwendige Aufmerksamkeit.
Die Transformation bei den Automobilzulieferern hält da aus meiner Sicht nicht ganz mit den Herstellern mit. Dies liegt zum Teil an dem Dilemma:
- Viele Automobilhersteller entwickeln und produzieren / montieren ihre Elektromobilitäts-Antriebe und Batteriesysteme selbst. Dadurch gehen die Lieferanten Umsätze verloren, der Wettbewerb um die verbleibenden Marktanteile ist enorm!
- Software war über viele Jahrzehnte eine Domäne großer Zulieferer wie Bosch, Continental, Denso, ZF… Mit dem Trend zu Hersteller-Betriebssoftware und die grundsätzliche Transformation zu deutlich mehr Softwareanteil in den Fahrzeugen bleibt somit auch ein immer noch steigender Bedarf an Software von Zulieferern, aber die Anforderungen an die Zuliefer-Software wird komplexer durch die notwendige Anpassung an unterschiedliche Kunden-Betriebs-Software
- Viele Automobilzulieferer sind sehr breit bzgl. ihres Produktportfolios aufgestellt. Dabei gibt es wachstumsstarke und zukunftsträchtige Geschäftsbereiche (Elektroantrieb, autonomes Fahren, Konnektivität, Infotainment), aber auch „klassische“, „verbrenner-lastige“ Geschäftsbereiche wie Einspritzsysteme, Abgasanlagen oder rein mechanische Bauteile im Fahrwerk. Bei vielen Automobilzulieferern sind die Geschäftsbereiche in Entwicklung und besonders in der Produktion eng miteinander verknüpft, jedoch benötig man für die Entwicklung der zukunftsträchtigen Technologien andere Kompetenzen und die Produktionsanlagen der klassischen Geschäftsbereiche lassen sich nicht für Wachstums-bereiche einsetzen! Auch müssen die Umsätze und Gewinne aus den klassischen Geschäftsbereichen das Geld für die enormen Investitionen in Entwicklung und Produktion der neuen Technologien verdienen.
- In Zukunft wird auch in der Automobilindustrie die Kundenorientierung, das so genannte „User Experience“, von entscheidender Bedeutung sein. Mit OTA Softwareupdates können neue „Features“ in regelmäßigen Abständen zu neuen Kundenerlebnissen führen. Die Automobilzulieferer werden mehr und mehr vom „Endkunden“ / Verbraucher abgeschnitten und können sich so nur bedingt profilieren.
Die Transformation – nicht nur bei den Automobilzulieferern, aber natürlich auch dort! – betrifft nicht nur die oben angesprochenen Geschäftsmodelle und zukünftiges Produktportfolio, sondern auch andere Bereiche wie Organisationstruktur, Digitalisierung in der Produktion (Industrie 4.0, IIoT) und in den Prozessen / Methoden (ERP, CRM, PLM) sowie der Fähigkeit zu Innovationen unter Einbindung von Software und Künstlicher Intelligenz KI. Eine erfolgreiche Transformation hängt vom klaren Willen der Geschäftsführung und der Gesellschafter / Investoren ab, aber maßgeblich auch von der Einstellung, dem „Mindset“ der Führungsmannschaft und der Mitarbeiter ab!