Mobility turns SMART – Disruptive Mindset

Ich möchte in meinem Blog in losen, doch regelmäßigen Abständen zu bestimmten Themen Stellung beziehen sowie aus meinen mittlerweile über 30 Jahren Berufserfahrung und aktuellen Mandaten berichten. Dabei geht es mir weniger um wissenschaftlich korrekte Abhandlungen oder umsetzbare Berater-Tipps. Vielmehr möchte ich Denkanstöße geben, zu Diskussionen anregen, ja manchmal vielleicht auch ein wenig provozieren… immer mit einem Augenzwinkern 😉

Mein dritter Blogbeitrag beschäftigt sich mit dem Thema „Disruptive Mindset“. Ja, wieder so ein Englischer Begriff! Aber er beschreibt halt am besten, was ich ausdrücken will. Es geht um eine grundsätzlich veränderte Grundeinstellung in den Köpfen der F&E Verantwortlichen, um „SMARTE Entwicklung“, wie kann ich „disruptive“ Innovationen mit neuen Denkansätzen generieren und welche neue Methoden und Prozesse brauche ich, um diese dann erfolgreich umzusetzen. Ich möchte das Thema veranschaulichen an einem Beispiel aus der Automobilindustrie, dem Lastenheft als Ursprung jeglicher Produktentwicklung, wie sich diese über Generationen entwickelt haben und welche (neuen) Ansätze jetzt notwendig sind, um erfolgreich „disruptive“ Innovationen voranzutreiben.

Gehen wir mal gut 100 Jahre zurück in das Jahr 1908: da wurde das Ford Model T vorgestellt. Das Lastenheft für das Model T war überschaubar: robust und einfach musste die Technologie sein, ggfs. vom Dorfschmied zu reparieren. Das Ford Model T wurde bis 1927 über 15 millionen-mal verkauft, zuletzt in der Basisversion für $370 (inflationsbereinigt ca. €8.600 heute). Es fahren immer noch schätzungsweise 100.000 Ford Model T heute.

Im Vergleich hierzu der VW Golf. Heute in der 8-ten Generation, seit 1974 über 35 millionenfach verkauft, der Basis-Golf I inflationsbereinigt für €11.300 und der heutige Golf VIII für knapp €19.000. Der Golf VIII ist zweifelsohne ein sehr gutes Auto, wird von der Presse hochgelobt und wird die Erfolgsgeschichte des Golfs fortschreiben. Kritisch zu sehen ist natürlich der Dieselskandal und die aktuellen Softwareprobleme beim Golf VIII. Zudem gibt es einige kritische Stimmen, man bräuchte für den Golf VIII einen Pilotenschein, um alle „Features“ richtig zu bedienen…

Worauf will ich hinaus? Beide Fahrzeuge, Ford Model T und VW Golf, erfüllen den primären Zweck des Transports von bis zu 5 Personen von A nach B. Dabei war das Lastenheft vom VW Golf I Anfang der 70er Jahre schon deutlich umfangreicher als das Lastenheft des Ford Model T. Das Lastenheft eines VW Golf VIII umfasst wahrscheinlich über 1 Millionen Zeilen, wenn man alle Baugruppen und Komponenten zusammenaddiert! Speziell der drastische gestiegene Elektronikanteil der heutigen Autos lässt die Lastenhefte förmlich explodieren! Ich wage mal zu behaupten, dass zwischen Golf Generation I und VIII die Lastenheft nicht grundsätzlich bereinigt wurden, sondern neue / veränderte Anforderungen einfach hinzugefügt wurden. Dies gilt auch für neue Generationen von Motoren, Getrieben, Fahrwerken und anderen Baugruppen. Dies führt zu den Fragen:

  • Wieviel „Ballast“ (oder besser „Muda“) sind in den heutigen Lastenheften von Komponenten, System oder gar ganzen Fahrzeugen?
  • Hat wirklich jemand mal kritisch untersucht und hinterfragt, ob die Anforderungen (aus dem Blickwinkel des Endverbrauchers) wirklich sinnvoll sind?

Hinzu kommen weitere Zielkonflikte:

  • Der Einsatz von Elektronik und Software wird weiter zunehmen, Vernetzung innerhalb des Fahrzeugs, mit anderen Fahrzeugen und mit der Infrastruktur sind die Treiber
  •  Der Druck auf weiter reduzierte Entwicklungszeiten wird steigen, in China sehen wir schon Anforderungen von 12 Monaten…
  • Weiter steigende Variantenvielfalt, alleine im Antrieb: Verbrenner-, Micro-, Mild- und Plug-In Hybrid, Elektro-
  • „klassische“, schon beschleunigte Lebensdauererprobung von Komponenten und Systemen dauert in jeder Prototypenphase 6 bis 9 Monate

Klar fehlt den „neuen“ Automobilherstellern wie Tesla, Rivian, Nikola und vielen Chinesischen OEM´s die jahrzehntelange Erfahrung in Entwicklung und Produktion von Automobilen in großen Stückzahlen. Aber sie müssen dafür auch nicht den „Ballast“ mitschleppen und können sich voll und ganz auf die aktuellen Kundenbedürfnisse konzentrieren!

Fazit: Wir müssen weg von dem klassischen F&E Ansatz der Entwicklungsphasen mit A-, B- und C-Muster im Stage-Gate Prozess! Auch eine „Anpassung“ der Methoden und Prozesse macht keinen Sinn. Es muss sich grundsätzlich was ändern, ein „Disruptive Mindset“!

  • Es muss wieder im Sinne des Endverbrauchers „einfacher“ gedacht werden, „Weniger ist Mehr“, „Reduce to the Max“ => primäre Aufgabe des Auto ist Menschen von A nach B zu bringen!
  • Lastenhefte bereinigen (siehe oben)…
  • „Standard“ (unternehmensübergreifende) robuste, validierte Mechanik-Plattformen mit Standard-Schnittstellen (mechanisch, elektronisch und Software)
  • Vielfalt, Differenzierung, Neuerungen durch Elektronik und Software (-Plattformen)
  • Viel mehr Denken und Entwickeln im „Systems Engineering“ sowie „Model-Based-Design“
  •  Klare Reifegrad-Definitionen ersetzen den Stufenprozess
  •  Einzug von AGILEN Methoden
  •  „Disruptive Innovationen“ (Anmerkung: die Automobilhersteller und großen Lieferanten sind schon langen nicht mehr bei den erfolgreichsten Geschäftsmodell-Innovatoren, dies sind Firmen wie Microsoft, Apple, Google, Amazon… Patente alleine reichen nicht, wenn sie sich nur auf die bekannten Geschäftsmodelle und Produkte beziehen!)

Die Automobilindustrie kann die anstehenden Transformationen nur mit einer komplett neuen Einstellung bzgl. der Entwicklungsabläufe, -methoden und -anforderungen schaffen: Disruptive Mindset

Kann ich Ihnen in meiner Funktion als Interims Manager behilflich sein?

Nehmen Sie gerne Kontakt zu  mir auf.

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